Der Kosmetik-Hersteller Babor hat im Rheinischen Revier eine nachhaltige Fabrik errichtet, um massiv CO₂ einzusparen. Das Familienunternehmen hat rund 60 Millionen Euro investiert, die Ziele sind ehrgeizig: Weiteres Wachstum, vor allem in den USA und in Asien.
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Isabel Bonacker zerbricht vorsichtig eine gläserne Ampulle, verteilt das Fluidum auf beide Hände, um es dann im Gesicht zu verteilen und mit leichtem Klopfen einzumassieren. „Das Wichtigste ist der Glow“, sagt die Mitinhaberin des Kosmetikherstellers Babor. Gemeint ist ein leichtes Schimmern der Haut, das gerade im Trend liegt. Die 57-Jährige könnte man sich auch gut in einem Kosmetikstudio vorstellen, wo die Babor-Produkte über Jahrzehnte exklusiv an die überwiegend weibliche Kundschaft gebracht wurden.
Dass diese Zeiten schon länger vorbei sind, ist bei einem Rundgang in der neuen Fabrik in Eschweiler bei Aachen zu erfahren, wo Isabel Bonacker und zwei ihrer Geschäftsführer die jüngsten Entwicklungen und weiteren Pläne erläutern. „Wir haben am Stammsitz Aachen einfach kein geeignetes Grundstück gefunden“, berichtet Horst Robertz, der für die Produktion zuständig ist. Fündig wurde man schließlich in Eschweiler, gleich neben einem riesigen RWE-Kraftwerk, das in den kommenden Jahren vom Netz gehen soll. Rund 60 Millionen investierte die Eigentümerfamilie um Isabel Bonacker und ihren Cousin Martin Grablowitz in den Neubau auf einer ehemaligen Braunkohle-Abraumhalde. Etwa ein Viertel der Summe kam über einen speziellen Kredit der Deutschen Bank zusammen, bei dem der Zinssatz an das CO₂-Einsparziel gebunden ist. Gegenüber 2019 habe man Ausstoß des klimaschädlichen Gases 2023 bereits fast halbiert, von mehr als 8000 auf 4200 Tonnen, so Robertz.
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„Für uns ist die neue Fabrik, in der wir bis zu 97 Prozent des bisherigen CO₂-Ausstoßes einsparen werden, die Sicherung unserer Zukunft“, sagt Isabel Bonacker. „Und es ist im Grunde der einzige Weg, die Produktion in Deutschland zu halten.“ Aber das wolle man, den „Made in Germany“ sei auch in der gehobenen Kosmetik ein Gütesiegel.
Von München über Köln nach Aachen
Gegründet wurde die Marke 1956 von Michael Babor in München. Das erste Erfolgsprodukt war das „Hy-Öl“, eine hydrophile, also wasserfreundliche Gesichtsreinigung auf Ölbasis, die bis heute hergestellt wird. Um zu wachsen, nahm Babor, ein promovierter Chemiker, in den 1960er-Jahren die Aachener Unternehmerfamilie Vossen mit ins Boot, die später alle Firmenanteile übernahm. Im Zuge des Ausbaus wurde der Firmensitz zunächst nach Köln und dann nach Aachen verlegt.
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„Mein Großvater Doktor Leo Vossen wollte immer ein Großer unter den Kleinen sein“, sagt Isabel Bonacker. In den nächsten Jahren wolle man langsam zu den Branchengrößen aufschließen, so das ehrgeizige Ziel. Allein in den kommenden fünf Jahren soll sich der Umsatz von zuletzt 260 Millionen Euro verdoppeln. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren lag das Volumen noch bei 80 Millionen Euro.
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Um ihre Ziele zu erreichen, haben die Aachener als Marketing-Geschäftsführer Tim Waller engagiert. Der 47-Jährige besitzt neben dem deutschen auch einen amerikanischen Pass und hat zuvor bereits für Babor von Florida den US-Markt beackert. Dort sei man bereits in großen Hotels in den Spa- und Kosmetik-Bereichen vertreten, ebenso bei renommierten Kaufhausketten wie Saks Fifth Avenue und Neiman Marcus. Für Deutschland werden das Waldorf Astoria und das Steigenberger am Kanzleramt in Berlin genannt. „Es gibt noch einige weiße Flecken auf der Welt, wo unsere Produkte bislang nicht zu haben sind“, sagt Geschäftsführer Waller. Vor allem im asiatisch-pazifischen Raum gebe es noch Potenzial. Dass man mittlerweile in Deutschland und anderen Ländern in den Duty-Free-Shops von Flughäfen gelistet sei, helfe auch, die Bekanntheit der Marke weiter zu steigern.
Doch die Konkurrenz ist groß. Von Paris aus bearbeitet die L’Oréal-Gruppe mit zahlreichen Tochterfirmen wie Lancôme und Skin Ceuticals das Segment für gehobene Kosmetik und Parfüm, von New York aus Estée Lauder, beides Konzerne mit Milliarden-Umsätzen. Hinzu kommen zahlreiche mittlere und auch kleine Anbieter, von Dr. Hauschka über Reviderm bis zu Annemarie Börlind aus dem Schwarzwald.
„Der Markt ist sehr fragmentiert“, sagt Tim Waller. „Laut einer aktuellen Studie sind wir aber in der EU die Nummer eins in der professionellen Kosmetik.“ Das wäre nicht verwunderlich, ist Babor doch allein in Deutschland immer noch in etwa 2000 Kosmetikstudios vertreten. Am Stammsitz in Aachen werden auch Kosmetikerinnen in einem vor sechs Jahren eingeweihten Schulungszentrum weitergebildet, eigene Studios betreibt Babor in Berlin, Frankfurt, Hamburg und in Aachen gleich am Dom.
Seit den 1990ern, als die Firma durch eine schlecht gelaufene Akquisition in Schieflage geriet, produziert man auch Eigenmarken für den gehobenen Drogeriemarkt, Namen werden aber nicht genannt. Und auch einige „Beauty-Docs“, die eigene Kosmetik-Linien anbieten, sollen bei Babor produzieren lassen.
Online-Handel ausgebaut
„Mein Cousin und ich haben vor zehn Jahren eine schöne Marke vorgefunden, die aber ein wenig Staub angesetzt hatte“, sagt Isabel Bonacker, die früher als Beraterin für McKinsey arbeitete. Ab 2014 habe man auf eine „Multi-Channel-Strategie“ gesetzt, was sich auch in der Coronakrise ausgezahlt habe, als alle Kosmetikstudios schließen mussten. Dort lassen sich in Deutschland aber weniger als fünf Prozent der Menschen behandeln, der Markt gilt als rückläufig. Mittlerweile bekommt man Babor-Produkte beim Handelsriesen Douglas ebenso wie bei Amazon oder direkt im eigenen Online-Shop, in 70 Ländern sind die Aachener bereits aktiv.
Ein Cremetopf der am besten laufenden Linie Doctor Babor kostet zwischen 75 und 120 Euro, sieben Ampullen für verschiedenste Hautbedürfnisse sind ab 30 Euro zu bekommen. In Aachen werden die Emulsionen weiterhin in riesigen Bottichen angerührt, und dann am neuen Standort in Tiegel abgefüllt. Auch das mikrobiologische Labor ist dort mittlerweile angesiedelt. Am Tag können hier bis zu einer halben Million Einheiten abgefüllt und verschickt werden. Im Neubau wurden laut Geschäftsführer Robertz 150 neue Jobs geschaffen. Von den etwa 1000 Mitarbeitern arbeiten nun 350 in Eschweiler, 450 in Aachen, der Rest in eigenen Vertriebsgesellschaften, etwa in der Schweiz, Österreich, den Benelux-Ländern, China und den USA.
Aber was macht überhaupt gute Kosmetika aus? Diese hätten einen besonderen Anspruch an die Wirksamkeit, verzichteten auf kritische Inhaltsstoffe und hätten eine besonders geschmeidige Textur, sagt Chemieingenieur Horst Robertz am Konferenztisch. Isabel Bonacker nickt zustimmend und cremt sich ein paar Meter entfernt ihre Hände ein.