Young Hearts / Salzgeber (2025)

„Young Hearts“ schließt thematisch an deinen Abschlussfilm „Kiss Me Softly“ aus dem Jahr 2012 an. Dessen Protagonist war 17, Elias und Alexander aus „Young Hearts“ sind erst 14 Jahre alt. Wieso hast Du Dich diesmal einem anderen Alter gewidmet?

„Kiss Me Softly“ basiert auf meiner eigenen Beziehung zu meinem Vater. „Young Hearts“ ist eher eine Geschichte für junge Erwachsene über zwei Jungen. Ich hoffe, man wird den Film einfach als eine Liebesgeschichte sehen, eine Geschichte darüber, wie es ist, sich das erste Mal zu verlieben. Darüber, wie es ist, seinem Herzen zu folgen und ins kalte Wasser zu springen. Es geht um diese erschreckenden Gefühle, die einen überwältigen können und die jede:r kennt. Lange Zeit dachte ich, dass ich die einzige Person in meinem Umfeld bin, die als Jugendlicher gelitten hätte. Bis mir meine Großmutter, die jetzt 97 Jahre alt ist, sagte, dass sie als 13-Jährige auch nicht wusste, wer sie sein sollte. Sie wuchs in einer wohlhabenden Familie auf, fühlte sich aber immer wie eine Außenseiterin, weil sie Sängerin werden wollte und zu viel Angst hatte, es zuzugeben. Es ist eine universelle und immer aktuelle Geschichte.

Dies ist dein erster Spielfilm. Wusstest du direkt, wie du ihn erzählen würdest?

Ich wusste, dass ich den Film machen wollte, den ich gerne gesehen hätte, als ich jung gewesen bin. Es gab damals keine Geschichte über Jungen, die Liebe in einer rein romantischen Weise erleben. Ich habe also alles, was ich in dem Alter gefühlt habe und was ich gerne gesehen hätte, zusammengenommen. Oder besser gesagt, was ich damals hätte sehen sollen, die Klischees miteinbezogen. Ich bin eh ein großer Fan dieser Art emotionaler Geschichten. „Titanic“ ist mein Lieblingsfilm. Das ist die Art von Kino, die ich machen will, aber in so einer Weise, dass alle Kinobesucher:innen die Filme genießen können.

Wie hast du deine jungen Hauptdarsteller gefunden, Lou Goossens und Marius De Saeger?

Es mussten Schauspieler sein, die dich davon überzeugen konnten, dass sie nur verliebt sind, aber nicht an Sex dachten. Also haben wir einen Aufruf gestartet. 1.500 Jungen haben wir gecastet, 150 pro Tag in Zehnergruppen. Das klingt jetzt nach sehr vielen, man kann aber sehr schnell feststellen, welche am fähigsten waren. Ich hatte dabei Hilfe von Oliver Roels, einem Freund von mir, der auch Kindertherapeut und -psychologe ist. Er richtete eine Art Vorstellungsspiel mit den jungen Leuten ein. Wir wählten aus der großen Gruppe die 20 Besten aus und viele von ihnen sind in dem Film in kleineren Rollen zu sehen. Ich hatte meinen Hauptdarsteller aber immer noch nicht gefunden. Marius, der Alexander spielt, habe ich beim Fußballspielen in einer Oberschule in Brüssel gefunden. Er strahlte ein großes Gefühl von Freiheit aus. Und Lou tauchte wie durch ein Wunder in einer der nächsten Casting-Runden auf. Ich lud Marius mit neun potentiellen Darstellern für Elias ein, um zu schauen, welcher am besten passen würde. Und bei den beiden passte es sofort. Das Schöne war, dass ich an dem Tag meinen engen Freund, den Regisseur Lukas Dhont („Girl“ und „Close“) dabeihatte und ihn bat, auch eine Auswahl zu treffen. Seine stimmte mit meiner Entscheidung überein.

Wie hast du das Thema des Verliebtseins an die beiden Jungen herangetragen?

Während des Castings haben wir ihnen nur erzählt, dass es sich um eine Liebesgeschichte handeln würde. Die erste Diskussion über das Thema des Films mit Lou und Marius habe ich Oliver überlassen. Ich war nicht anwesend, weil ich keinen Druck auf die beiden Jungen ausüben wollte. Als Kinderpsychiater wusste Oliver, wie er mit dem Gespräch umgehen müsste. Er konnte auch feststellen, ob diese beiden jungen Menschen dafür bereit wären oder nicht. Sowohl Lou und Marius sagten, dass sie nicht darüber nachdenken würden, ob sie nun Jungen oder Mädchen mögen. Sie wollten Teil des Films sein, weil er davon handelte, sich zu verlieben. Es gibt natürlich einen Kuss, und das war ein Moment großer Anspannung für die beiden. Ich habe bei der Szene gemeinsam mit Oliver Regie geführt, weil wir wussten, dass das nicht einfach werden würde. Sowas darf nicht unterschätzt werden, auch wenn der Film sehr süß und hoffnungsvoll ist. Wir hatten auch viele Gespräche mit den Eltern der beiden.

„Young Hearts“ handelt nicht nur von der ersten Liebe, der Film enthält auch viele autobiographische Elemente. So wie Elias Vater war auch deiner ein ziemlich erfolgreicher Sänger. Welche Erinnerungen hast Du daran?

Ich habe mich schon immer für das Showgeschäft interessiert, weil ich in ihm groß geworden bin. Ich war acht Jahre alt, als das Duo, von dem mein Vater ein Teil war, einen Preis in einer Talentshow im Fernsehen gewann. Sie haben da das Duett „Amigos per siempre“ von José Carreras und Sarah Brightman aufgeführt. Sie sangen sentimentale Lieder über das Leben. In meinem Kurzfilm und auch in „Young Hearts“ habe ich ihn zu einem Schlagersänger gemacht, weil ich der Sache einen typisch flämischen Anstrich verpassen wollte. Es ist aber viel von mir und meiner eigenen Familie in dem Film. Beinahe alles hat etwas Persönliches an sich. Deswegen habe ich den Protagonisten mit positiven Menschen aller Generationen umgeben.

Oben drauf hast du in deinem Heimatdorf gefilmt. Wie war das?

In den zwei Monaten kam ich in meinem Elternhaus unter und schlief in dem Zimmer, in dem ich bereits als Kind geschlafen habe. Das war sehr therapeutisch (lacht). Das Witzige ist, dass der Schnittmeister und das Postproduction-Team in den Niederlanden zu mir sagten, ich hätte eine Art Märchenwelt geschaffen. Dabei ist beinahe jeder Spielort einfach nur mein Dorf. Die Straße, in der Elias lebt, ist meine Straße. Es ist meine Schule. Ich habe mit dem Fahrrad denselben Weg zur Schule genommen und bin auch in diesem Fluss schwimmen gegangen. Ich wollte dem Film etwas Authentisches und etwas Nostalgisches geben. Das Gefühl, jung und sorglos zu sein. „Young Hearts“ ist zeitlich in der Gegenwart verortet, nimmt man aber die Smartphones raus, könnte es genauso gut Anfang des Jahrtausends spielen.

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Author: Ms. Lucile Johns

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